Haushaltsrede 2021 der GRÜNEN

31.03.21 –

Entschlossenheit, Mut und Zuversicht

Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr verehrte Damen und Herren der Verwaltung und der Presse,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir machen es heuer einmal anders herum und danken an erster Stelle allen aus der Verwaltung, die an der Vorbereitung und Erstellung des Haushaltsplanes mitgewirkt haben, besonders Ihnen, Herr Eberhard, für die kompetente, sachorientierte und geduldige Art, mit der Sie uns – der GRÜNEN Fraktion und dem Stadtrat im Allgemeinen – geholfen haben, durch das Zahlenwerk zu finden, mit der sie unsere Fragen beantwortet und unsere zahlreichen Vorschläge – soweit möglich – umgesetzt haben. Das war harte Arbeit, doch wesentlich mehr harte Arbeit steht uns noch bevor.

Ebenfalls danken möchten wir der Verwaltung und allen voran Herrn Klug für den unermüdlichen und kreativen Einsatz für das Funktionieren unserer kommunalen demokratischen Institutionen und in der Bekämpfung der Corona-Pandemie. In Stadtbergen wird alles Menschenmögliche getan, um unsere Bürgerinnen und Bürger sowie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Beispielhaft möchte ich die Organisation der Corona-Impfung in Stadtbergen hervorheben, die vielen älteren Menschen Hoffnung und Zuversicht gibt. Ebenfalls möchten wir in diesem Zusammenhang Herrn Biedermann danken, der z. B. mit seiner Expertise zu Lüftungsgeräten zu unserer Information und zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen beigetragen hat.

Last but not least, gebührt auch Ihnen bzw. Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, Dank, denn auch wenn wir mitunter nicht einer Meinung sind und rege miteinander diskutieren, so passt es aus unserer Sicht zwischenmenschlich und die Zusammenarbeit funktioniert. Dafür wollen wir uns am Ende der Rede mit einem kleinen Geschenk bedanken. (Sonst geht Ihr mir vorher noch alle heim :-) )

Doch nun zum ernsten Teil.

Meine Damen und Herren,

der allseits bekannte deutsch-amerikanische Physiker Albert Einstein stellte treffend fest: Zitat „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Zitat Ende. Das bedeutet für uns GRÜNE, neue Denkansätze zu entwickeln, um unser Stadtbergen voran zu bringen und dafür braucht es Entschlossenheit, Mut und Zuversicht.

Der aktuell vorliegenden Haushalt steht allerdings im krassen Widerspruch zu Einsteins Zitat, denn er ist ein Zwitterwesen aus veralteter kameralistischer und moderner doppischer Haushaltssystematik. Was bedeutet das konkret: Wir haben alle miteinander hart gearbeitet, viele Stunden investiert und diskutiert – die GRÜNE-Fraktion hat allein 20 Stunden Fortbildung zum doppischen Haushalt hinter sich und unzählige Stunden mehr in die Diskussion des aktuellen Haushaltes investiert - unsere zahlreichen Vorschläge, die in den Haushalt eingearbeitet wurden, sind ein eindrucksvoller Beleg für unsere konstruktive Mitarbeit. Doch was ist am Ende dabei heraus gekommen? Der Stadtrat hat 300 000,- Euro gespart und weitere 3,9 Millionen Euro Belastungen in die nächsten Jahre verschoben – ebenso droht uns eine massive Kreditaufnahme und Erhöhung der Pro-Kopf-Verschuldung. Das ist alles andere als eine nachhaltige und zukunftsfähige Problemlösung. Unsere Verwaltung und wir, der Stadtrat, bleiben in diesem besonderen Jahr aber handlungsfähig und das ist entscheidend. Diese Handlungsfähigkeit ist teuer erkauft und muss im nächsten Jahr unbedingt genutzt werden. Dafür brauchen wir Entschlossenheit, Mut und Zuversicht.

Im Sinne des eingangserwähnten Einstein-Zitates wollen wir – die GRÜNE-Fraktion – Haushalt neu denken und in unserer Haushaltsrede ökologische, soziale und finanzpolitische Verbesserungsvorschläge machen. Wir hoffen, dass diese von den anderen Fraktionen und der Verwaltung positiv aufgenommen werden. Grundsätzlich gilt aus unserer Sicht: Bei uns in Stadtbergen erhält die Verwaltung zu wenig entscheidungsrelevante Richtungsentscheidungen durch den Rat – doch strategische Richtungsentscheidungen sind zentrale Aufgabe des Rates. Deshalb fehlt unserem Haushalt – und das ist von zentraler Bedeutung – eine klare Zielsetzung. Eine solche Zielsetzung braucht unser Haushalt aber (und sie ist für die doppische Haushaltsführung auch gesetzlich vorgeschrieben), um ein effektives Steuerungsinstrument für eine zukunftsfähige sozial-ökologische Politik für unser Stadtbergen zu sein. Im Haushalt sollen nämlich nicht nur Euro und Cent angegeben sein, sondern auch konkrete Leistungsziele und die Kennzahlen zu deren Messung – ein Beispiel wäre die Steigerung des Radverkehrs um 15% des Modal Split, d.h. der Kilometerleistung pro Verkehrsteilnehmerin bzw. Verkehrsteilnehmer. Hierfür besitzen wir auch schon das entsprechende Gutachten von Modus Consult. Wir brauchen auch nur wenige wichtige Kennzahlen wie z.B. den Zuschussbedarf pro Kitaplatz oder die Höhe der Investitionen in den Fahrradverkehr, um effektive und zukunftsfähige Entscheidungen treffen zu können und ein effektives Controlling zu ermöglichen. Für dieses Cotrolling wiederum brauchen wir die fehlenden doppischen Haushaltsabschlüsse der letzten Jahre. Haushaltsplanung ist somit eine politische Frage, meine Damen und Herren, und der Haushalt ein Regierungsprogramm in Zahlen.

Meine Damen und Herren,

heute ist öffentlicher Kassensturz und auf den ersten Blick liest sich der Haushalt natürlich positiv, doch auf den zweiten Blick werden die strukturellen Probleme deutlich, die – wenn nichts geschieht – in eine massive Verschuldung führen und unseren Kindern und Enkeln jeglichen Gestaltungsspielraum nehmen werden. Diese Probleme sind, wie ein Abgleich mit den Haushalten seit 2014 zeigt, seit Jahren bekannt. Ich möchte dies mit folgendem Bild verdeutlichen: Wir Stadtbergerinnen und Stadtberger sitzen haushaltstechnisch seit Jahren in einem immer schneller werdenden Auto, das direkt auf eine Wand zusteuert. Wenn wir jetzt nicht bremsen oder der Mauer mit viel Geschick ausweichen, knallen wir voll dagegen. Wir müssen jetzt (!) handeln. Dafür braucht es Entschlossenheit, Mut und Zuversicht.

Festzuhalten bleibt, dass immer mehr Geld ausgegeben wird, die Haushalte werden immer größer. Dabei ragt der Personalhaushalt heraus und hierbei die Betreuung unserer Kinder. Diese muss qualitativ hochwertig sein und soziale Arbeit – auch Care-Arbeit genannt und vor allem von Frauen geleistet – muss sich lohnen. Auch müssen wir zahlreiche Gebäude bauen bzw. sanieren, in denen unsere Kinder kompetent betreut oder beschult werden. Der Anstieg des Betreuungsbedarfs war jedoch über Jahre hinweg absehbar – die jetzige Elterngeneration ist groß, denn sie sind die Kinder der Babyboomer und damit waren viele Kinder zu erwarten. Außerdem haben Eltern – Gott sei Dank - gesetzlichen Anspruch auf Betreuung ihrer Klein- und Kindergartenkinder. Diese sichert uns nämlich wiederum einen erhöhten Anteil an der Einkommenssteuer der arbeitenden Mütter und Väter. Wir mahnen aber dringend an, das Jahr 2025 im Blick zu halten, denn ab diesem Zeitpunkt gibt es einen gesetzlichen Anspruch für einen Hortplatz. Dafür werden wir viel Geld brauchen, das sich in der Zukunft aber vielfach auszahlen wird.

Unser Haushalt muss ganz grundsätzlich nachhaltig, nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten ausgerichtet werden Deshalb wollen wir einen kommunalen Klimaschutz und Anpassungs-Strategien an den unausweichlichen Wandel unseres Klimas – dafür müssen wir aber endlich den vom Stadtrat beschlossenen „Masterplan“ mit integriertem Klimaschutzkonzept umsetzen und haushaltstechnisch verankern. Hierzu ist auch ein effektives Controlling notwendig, das sicherstellt, dass das gesetzte Ziel auch erreicht wird. Ein klimaneutrales Stadtbergen im Jahr 2030 ist möglich, wenn die Mehrheit der Rätinnen und Räte dies will.

Außerdem brauchen wir ein integriertes Stadtentwicklungskonzept – dieses wird gefördert –, denn bei der Entwicklung unserer Stadt müssen Siedlungsstruktur, Verkehr, Umwelt und soziale Belange im Zusammenhang betrachtet werden. Ziel ist, bei immer schnellerer Veränderung von Rahmenbedingungen und Anforderungen an die Stadt eine nachhaltige Entwicklung unserer Stadtquartiere zu ermöglichen. Um in der Städteplanung handlungsfähig zu bleiben, dürfen außerdem keine weiteren städtischen Immobilien verkauft werden. Wir brauchen sie selbst und müssen sie gemeinwohlorientiert nutzen.

Die Grundlage für alles Handeln bilden stabile Finanzen, denn unser aller Steuergeld wollen wir nachhaltig verwaltet und zukunftsorientiert investiert wissen. Nach unseren Ausführungen ist es kein Geheimnis, dass der aktuelle Stadtberger Haushalt strukturelle Probleme hat und zukunftsfähig gemacht werden muss. Das können wir nur über die Parteigrenzen hinweg in den Griff bekommen. Deshalb müssen wir uns endlich in der lang geplanten Haushaltsklausur in einer Corona-konformen-Form mit allen Fraktionen zusammensetzen und die freiwilligen Leistungen sowie Steuern und Abgaben auf den Prüfstand stellen. Dies muss sehr bald geschehen und dabei darf es im Hinblick auf unsere momentane Haushaltslage keine „heiligen Kühe“ geben. Wir werden an allen uns zur Verfügung stehenden Stellschrauben drehen müssen. Das wird uns an vielen Stellen Schmerzen bereiten, unpopulär sein und keinen besonderen Spaß machen, aber dafür wurden wir schließlich gewählt.

Für diese Aufgaben brauchen wir Tatkraft, Entschlossenheit, Mut und vor allem Zuversicht. Lassen Sie uns visionär handeln. Das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern und den zukünftigen Generationen schuldig. Deshalb gilt in Anlehnung an den 1954er Fußballnationaltrainer Sepp Herberger: „Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt.“

Die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN stimmt trotz der oben geäußerten Bedenken und der grundsätzlichen strukturellen Schwächen des Haushaltes der Haushaltsvorlage für das Wirtschaftsjahr 2021 zu. Dies ist als Vertrauensvorschuss zu verstehen, meine Damen und Herren – und nicht als Blankoscheck für die Zukunft.

Nun zum Geschenk für unsere Kolleginnen und Kollegen:

Wir haben uns für ein Spiel entschieden. Es heißt Planet A. Jede Fraktion erhält eines. Zur Erklärung zitiere von der Homepage:

„Unsere Erde ist unser Planet A. Sie zu schützen lohnt sich, denn es gibt keinen Planeten B. Steigender CO2-Ausstoß und eine Plastikflut überfordern unser sensibles Ökosystem; Klimawandel und Artensterben mit allen daraus resultierenden Veränderungen sind die Folge. Kämpfe dagegen an und rette unseren blauen Planeten. Naturkatastrophen und ewig gestrige politische Parteien kommen dir dabei in die Quere. Gib nicht auf. Schritt für Schritt retten wir die Erde, Hauptsache alle machen mit.“

Weiter heißt es: „Das Spiel schlägt durch die realitätsnahen Aufgaben und leicht umsetzbaren Ideen eine Brücke ins reale Leben und regt zum Nachmachen an.“

Aus: myplaneta.de/produkt/kartenspiel/

Wir wünschen Euch viel Spaß beim Spielen und viele gute Anregungen. Lasst uns gemeinsam für Stadtbergen ökologisch punkten.

Vielen Dank an Sie alle für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gilt das gesprochene Wort.

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